Ende der Ausnahmeregelungen des SanInsKG zum 31.12.2023 – Anstieg der Insolvenzen wegen Überschuldung? –

Mit dem SanInsKG (sanierungs- und insolvenzrechtliches Krisenfolgenabmilderungsgesetz), das am 09.11.2022 in Kraft getreten war, wurde u.a. der Prognosezeitraum, der im Rahmen der Überschuldungsprüfung eine wesentliche Rolle spielt, von zwölf auf vier Monate verkürzt.

Die Überschuldung stellt bei juristischen Personen (z.B. GmbH, AG) sowie Personenhandelsgesellschaften, bei denen es keinen persönlich haftenden Gesellschafter gibt (z.B. GmbH & Co. KG), neben der Zahlungsunfähigkeit einen zur Insolvenzantragstellung verpflichtenden Insolvenzgrund dar.

Überschuldung liegt nach § 19 Abs. 2 S. 1 InsO vor,

 „wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich.“

Die Überschuldungsprüfung umfasst grundsätzlich eine Fortbestehensprognose sowie die Erstellung eines Überschuldungsstatus. Eine positive Fortbestehensprognose schließt eine Überschuldung aus. Bei positiver Fortbestehensprognose ist die Erstellung eines Überschuldungsstatus damit nicht erforderlich.

Für das Jahr 2021 wurde mit § 4 COVInsAG der Prognosezeitraum für die Feststellung der Überschuldung auf vier Monate verkürzt, sofern die Überschuldung des Unternehmens auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen war.

Ende 2022 war das SanInsKG zur vorübergehenden Anpassung sanierungs- und insolvenzrechtlicher Vorschriften zur Abmilderung von Krisenfolgen eingeführt worden, welches das COVInsAG ersetzt hat.

Wesentlicher Kern des COVInsAG/SanInsKG war eine zeitlich befristete Entschärfung des Insolvenzeröffnungstatbestands der Überschuldung gemäß § 19 InsO.

So wurde u.a. durch § 4 Abs. 2 SanInsKG der Prognosezeitraum von vier Monaten auch für den Zeitraum vom 9. November 2022 bis einschließlich 31. Dezember 2023 festgelegt und die Frist zur Stellung des Insolvenzantrages wegen Überschuldung nach § 15a Abs. 1 S. 2 InsO für den Zeitraum vom 09.11.2022 bis 31.12.2023 von sechs auf acht Wochen verlängert (§ 4a SanInsKG).

Die Neuregelungen nach dem SanInsKG waren bis zum 31. Dezember 2023 befristet.

Grundsätzlich war somit der Prognosezeitraum durch das SanInsKG vom 09. November 2022 bis 31. Dezember 2023 wieder auf vier statt zwölf Monate reduziert worden.

Gemäß der Gesetzesbegründung zum SanInsKG konnte jedoch ab September 2023 wieder eine Frist von zwölf Monaten für die Prognose relevant werden.

So sei laut der Gesetzesbegründung zum SanInsKG zu berücksichtigen, dass ein Unternehmen, für das weniger als vier Monate vor dem Ablauf der Geltungsdauer feststehe, dass es unmittelbar nach dem Ablauf dieser Geltungsdauer unter dem dann wieder maßgeblichen Überschuldungsbegriff des § 19 InsO überschuldet sein wird, dies auch in der nach § 4 Absatz 2 SanInsKG zu erstellenden Fortführungsprognose berücksichtigen muss. Demnach durften sich Geschäftsführer, denen bereits im September 2023 bewusst war, dass eine ab dem 01.01.2024 zu erstellende zwölfmonatige Fortbestehensprognose negativ ausfallen wird, ab September 2023 nicht mehr nur auf den viermonatigen Prognosezeitraum beschränken.

Wie die Gerichte derartige Fälle beurteilen werden, bleibt abzuwarten.

Die Folgen eines möglicherweise zu kurz gewählten Prognosezeitraums könnten beträchtlich sein.

Geschäftsführer juristischer Personen (z.B. GmbH, AG) und Personenhandelsgesellschaften, bei denen es keinen persönlich haftenden Gesellschafter gibt (z.B. GmbH & Co. KG), wären verpflichtet, unverzüglich Insolvenzantrag zu stellen, wenn das Unternehmen rechnerisch überschuldet wäre und eine positive Fortbestehensprognose unter Berücksichtigung von zwölf anstatt vier Monaten entfiele.

Ein Verstoß gegen die Insolvenzantragspflicht kann z.T. missliche zivil- und ggfls. strafrechtliche Folgen haben. So kann ein Verstoß gegen die Insolvenzantragspflicht eine zivil- und strafrechtliche Haftung wegen Insolvenzverschleppung nach sich ziehen.

Durch das SanInsKG war die Insolvenzantragsfrist für den Insolvenzgrund der Überschuldung bis zum 31.12.2023 auf maximal acht Wochen ausgeweitet worden.

Seit dem 01.01.2024 beträgt diese Frist wieder sechs Wochen.

Es ist davon auszugehen, dass die Zahl der Insolvenzen zukünftig wieder steigen wird.

Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) meldete bereits im November 2023, dass die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften im Oktober 2023 leicht angestiegen sei und erneut deutlich über dem Niveau vor der Corona-Pandemie lag. Für die kommenden Monate rechne man mit erheblich steigenden Insolvenzzahlen.

Quelle: Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (IWH), Pressemitteilung 28/2023,
Halle (Saale), den 07.11.2023

Das MHP Team beschäftigt sich seit über 40 Jahren mit der Prüfung und Feststellung von Insolvenzgründen (Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung).

Gerne unterstützen wir Sie bei der Frage des Vorliegens von Insolvenzgründen.

 

Der Haushaltsführungsschaden

Definition

Von einem Haushaltsführungsschaden spricht man, wenn eine Person infolge eines Schadensereignisses den eigenen Haushalt nicht mehr führen bzw. die unterhaltsrechtlich geschuldete Hausarbeit nur noch teilweise oder gar nicht mehr erbringen kann.

Der Haushaltsführungsschaden betrifft gemäß § 843 Abs. 1 Alt. 1 BGB die Aufhebung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, soweit der Schaden eine Einschränkung oder Aufhebung der Unterhaltsleistungen bedeutet. Er ist unter dem Gesichtspunkt der Vermehrung der Bedürfnisse nach § 843 Abs. 1 Alt. 2 BGB erstattungsfähig, soweit es um die eigene Bedarfsdeckung geht.

Parameter der Schadenshöhe

Die Höhe des Haushaltsführungsschadens hängt von folgenden Parametern ab:

  • dem Umfang der hypothetisch auszuführenden Arbeiten
  • dem Grad der Beeinträchtigung (ggf. zeitlich gestaffelt)
  • der Höhe der Verrechnungssätze

Umfang der hypothetisch auszuführenden Arbeiten

Dabei ist festzustellen, in welchem Umfang die geschädigte Person bestimmte Haushaltstätigkeiten ohne das Schadensereignis durchgeführt hätte bzw. durchführen würde. Entsprechende Erfahrungswerte aus der Vergangenheit können herangezogen werden, müssen jedoch an Veränderungen innerhalb des Haushaltes angepasst werden (z.B. Geburt eines Kindes, Umzug in eine kleinere Wohnung).

Zur Erfassung werden in der Literatur verschiedene Listen und Klassifizierungen als Hilfsmittel angeboten, wobei überwiegend zwischen Tätigkeiten (kochen, aufräumen, putzen, waschen, betreuen, einkaufen, u.a.) differenziert wird.

Grad der Beeinträchtigung

Im nächsten Schritt ist festzustellen, in welchem Umfang die geschädigte Person an der Ausführung der üblicherweise von ihr verrichteten Hausarbeit gehindert wird.

Im Zeitablauf wurden dazu zahlreiche Tabellen (z.B.: Reichenbach/Vogel, Münchner Modell, Schulz-Borck/Parday, Schah Sedi) entwickelt, die Orientierungswerte für die Beurteilung der Beeinträchtigung liefern. Letztlich bedarf es in vielen Fällen einer individuellen, medizinischen Beurteilung zur Feststellung der durch das Schadensereignis verursachten Beeinträchtigung (MdH = Minderung der Hausarbeitsfähigkeit).

Höhe der Verrechnungssätze

 

Tatsächlich angefallene Kosten

Wenn für die verletzte Person eine Haushaltshilfe eingestellt wird, sind die tatsächlich anfallenden Kosten zu erstatten. Dazu zählen der Bruttolohn sowie die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung.

Gemäß dem BGH entsprechen die tatsächlich angefallenen Kosten der Schadensabhilfe nicht dem Schaden, sondern stellen lediglich ein Indiz für den benötigten Bedarf dar (vgl. BGH v. 06.11.1973, BGHZ 61,349 = NJW 1974, 34). Somit werden die Kosten vom Gericht anerkannt, aber die Gegenseite kann Einwände gegen die Abrechnungen erheben, die dann zu prüfen sind.

Üblicherweise entspricht jedoch die Höhe des Haushaltsführungsschadens den Kosten, die bei Beauftragung einer Hilfe tatsächlich angefallen sind.

Sofern die Haushaltshilfe nur für bestimmte Tätigkeiten eingestellt wird, aber weitere unerledigte Arbeiten der verletzten Person anfallen, kann diesbezüglich zusätzlich auch ein fiktiver Schaden geltend gemacht werden.

Fiktiver Haushaltsführungsschaden

Wenn der Verletzte den Haushalt trotz der Einschränkungen selbst führt bzw. in dem Fall, dass der Haushalt durch Dritte (Angehörige, Freunde) unentgeltlich geführt wird, besteht dennoch Anspruch auf Schadenersatz. Er ergibt sich aus der Höhe der Kosten, die entstanden wären, wenn eine Person für die Haushaltsführung hätte bezahlt werden müssen. Es liegt ein sogenannter fiktiver Haushaltsführungsschaden vor, dessen Ersatz gemäß BGH auf eine Nettoschadenabrechnung (ohne Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung und ohne Steuern) zu begrenzen ist.

Konkreter Stundenlohn

Zur Konkretisierung des Stundensatzes kann auf die üblichen Kosten einer Haushaltshilfe zurückgegriffen werden, die sich jedoch regional teils erheblich unterscheiden.

Seit 2019 liegt der gesetzliche Mindestlohn bei 9,19 EUR, seit 2020 bei 9,35 EUR, seit 2021 bei 9,60 EUR und seit 01.10.2022 bei 12,00 EUR.

Laut BGH-Rechtsprechung (vgl. BGH Urteil ZR VI 183/08) ist es nicht zu beanstanden, wenn auf BAT X (heute TVöD Bund) Bezug genommen wird, wonach im Jahre 2008 ein Stundenlohn von durchschnittlich 9,61 Euro für eine Haushaltshilfe zu bezahlen war. Im Jahre 2017 lag der durchschnittliche Satz bei 12,36 Euro. Das Landgericht Tübingen verweist auf § 21 JVEG, wonach Zeugen derzeit (Stand 01.01.2021) mit 17,00 Euro für eine fiktive Haushaltshilfe entschädigt werden müssen. Dem haben sich einige Landgerichte (z.B. LG Mainz) angeschlossen.

Aufgrund der aktuell (2023) bestehenden Arbeitsmarktsituation muss die Höhe des fiktiven Entgeltes hinterfragt werden. Tatsächlich sind allenfalls Putzhilfen für einen Stundenlohn von 14,00 EUR zu bekommen. Qualifizierte Haushälter bzw. Haushälterinnen können unter 15,00 EUR fast nicht mehr beschäftigt werden

Beispiel für eine konkrete Berechnung des Haushaltsführungsschadens

Im nachfolgend aufgeführten Beispiel wird davon ausgegangen, dass in dem vom Schadensereignis betroffenen Haushalt (nach individueller Erhebung) 42 Wochenstunden an Haushaltsarbeit anfallen.

Davon würde die vom Schadenereignis betroffene Person 28 Wochenstunden bewältigen. Aufgrund ihrer schadensbedingten Beeinträchtigung in Höhe von durchschnittlich 25% ist sie noch in der Lage, 21 Wochenstunden zu leisten. Es ist ihr damit ein zeitliches Defizit von 7 Wochenstunden entstanden, das ersatzfähig ist.

 

Bei einem Stundensatz von 15,- € ergibt sich ein monatlicher Schadenersatzbetrag in Höhe von 454,65 € (7 x 4,33 x 15).

 

Für Rückfragen und Anregungen stehen wir gerne zur Verfügung.

Kritische Auseinandersetzung: Vereinfachter Nachweis der Zahlungsunfähigkeit nach dem Urteil des BGH vom 28.06.2022 (II ZR 112/21)

Der II. Zivilsenat des BGH hat sich in seiner jüngeren Rechtsprechung dafür ausgesprochen, die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 S. 1 InsO auch auf andere Weise als zulässig zu erachten und rückt damit von der bisherigen Rechtsprechung ab, die bei Feststellung einer Unterdeckung im Liquiditätsstatus eine Liquiditätsbilanz bzw. einen Finanzplan über einen Zeitraum von drei Wochen fordert, in welchem die Aktiva I und Aktiva II den Passiva I und Passiva II gegenüberzustellen sind. Mit dem Urteil des II. Zivilsenats vom 28.06.2022 (II ZR 112/21) können sich für die Zukunft wesentliche Änderungen bei der Prüfung und Feststellung der Zahlungsunfähigkeit ergeben.

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Verdienstausfallschaden – Steuereffekte bei Ersatzzahlungen

Wird ein Erwerbstätiger (selbständig oder nicht selbständig) unverschuldet durch ein Schadensereignis vorübergehend oder dauerhaft an der Ausübung seiner Tätigkeit gehindert, hat er gegenüber dem Schädiger Anspruch auf Erstattung seines entgangenen Gewinns (bei selbständig Tätigen) bzw. seines entgangenen Verdienstes (bei nicht selbständig Tätigen).

Als entgangen gilt der Betrag, der dem Geschädigten nach Abzug von Steuern und etwaigen Sozialversicherungsbeiträgen sowie berufsbedingter Aufwendungen tatsächlich zugeflossen wäre.

Es kann folglich zwischen einem Bruttoschaden (entgangene Einkünfte vor Berücksichtigung etwaiger Abzüge) und einem Nettoschaden (entgangene Einkünfte nach Steuern, Sozialabgaben und weiteren Vorteilsausgleichen) unterschieden werden.

Schadenersatzzahlungen auf Verdienstausfallschäden sind ihrerseits steuerpflichtig (§ 24 EStG). Der Geschädigte hat gegenüber dem Schädiger Anspruch darauf, dass dieser ihm auch die auf die Schadenersatzzahlung anfallende Steuer ersetzt.

Die Höhe dieser Steuern ist von der Höhe des zu versteuernden Einkommens (inkl. der Schadenersatzzahlung), der Art der Veranlagung und des geltenden Steuerrechts im Jahr der Zahlung des Ersatzbetrags abhängig.

Da sich die persönliche Einkommenssituation des Geschädigten sowie die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen im Zeitablauf verändern und zwischen dem Schadensereignis und der Zahlung des Ersatzbetrages nicht selten Jahre vergehen, führt in der Regel weder die Zahlung des Bruttoschadens noch des Nettoschadens zum Ausgleich des entgangenen Gewinns bzw. Verdienstes.

Dazu ein Beispiel aus der Praxis der Sachverständigentätigkeit:

Fallbeispiel

Ein angestellter Mitarbeiter (ledig, keine Kinder) wird durch einen Verkehrsunfall im Jahr 2020 so schwer verletzt, dass er keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen kann und fortan Erwerbsminderungsrente bezieht.

Die Einkommenssituation im Referenzjahr (hypothetische Einkünfte ohne den Unfall) stellte sich wie folgt dar:

Berufsbedingte Aufwendungen (Fahrten zur Arbeitsstelle) fallen in Höhe von 1.000,- € an, sodass sich der Nettoschaden auf 39.200,- € beläuft.

Die Einkommenssituation im Jahr nach dem Unfall sieht wie folgt aus:

Der Bruttoschaden beträgt somit 40.000,- € (65.000 – 25.000). Der Nettoschaden beläuft sich unter Berücksichtigung der eingesparten Fahrtkosten auf 18.142,- € (40.200 – 21.058 – 1.000).

Da schadensrechtlich der Nettoschaden als zu erstattender Betrag anzusehen ist, kommt es in der Regulierungspraxis häufig (zunächst) zur Zahlung des Nettoschadens. Im vorliegenden Beispiel führt dies zu folgenden Einkünften des Geschädigten.

Durch die Besteuerung der Ersatzzahlung fließen dem Geschädigten nur 34.074,- € zu. Sein tatsächlicher Nettoverdienstausfall wurde jedoch mit 39.200,- € ermittelt. Er erhält 5.126,- € (39.200 – 34.074) zu wenig.

Würde statt des Nettoschadens der Bruttoschaden ersetzt, ergäben sich folgende Werte für die Einkünfte des Geschädigten.

Die Zahlung des Bruttoschadens würde zu einer Überzahlung in Höhe von 8.747,- € (47.947 – 39.200) führen.

Sie ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass auf die Schadenersatzzahlung keine Sozialabgaben zu entrichten sind.

Eine Simulationsrechnung auf Basis der zugrundeliegenden steuerrelevanten Aspekte ergibt, dass eine Zahlung von rund 26.000,- € zu einem Ausgleich des Nettoschadens führen würde.

Fazit

Durch die Besteuerung der Ersatzleistung von Verdienstausfallschäden führt die Zahlung des Nettoschadens regelmäßig zu einem zu geringen Erstattungsbetrag; es sei denn, es fällt keine Steuer an.

Die Zahlung des Bruttobetrages führt dagegen zur Überzahlung des Verdienstausfallschadens. Ausnahmen dazu sind theoretisch bei angestellten, nicht sozialversicherungspflichtigen GmbH-Geschäftsführern möglich.

Da die Determinanten zur Ermittlung der Einkommensteuer erst zum jeweiligen Jahresende feststehen, kann der konkrete Ersatzbetrag erst nachträglich berechnet werden. Dies führt im Folgejahr meist zu Nachzahlungen, die ihrerseits auch wieder der Einkommensteuer unterliegen usw. usw.. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der Endlosbesteuerung.

Es ist daher sinnvoll, den Zahlbetrag vorab mit Hilfe einer Simulationsrechnung zu ermitteln. Dies schließt zwar Nachberechnungen nicht aus, führt in der Praxis aber zu deutlich geringeren Nachzahlungen.

 

 

 

Das aktuelle BGH-Urteil zum Prämiensparen

In den letzten Jahren zogen zahlreiche Anleger die Expertise von Wirtschaftsgutachtern zu Rate, um einen möglichen Vermögensschaden im Zusammenhang mit ihren Prämiensparverträgen überprüfen zu lassen.

Prämiensparverträge waren über viele Jahre hinweg ein Sparkassen-Bestseller. Sie wurden insbesondere in den 1990er und Anfang der 2000er Jahren unter solchen Bezeichnungen wie „S-Prämiensparen flexibel“ oder „S-VorsorgePlus“ vertrieben und zeichneten sich durch einen variablen Zins, lange Laufzeiten und im Zeitablauf steigende Bonuszinsen aus.

Die steigenden Bonuszinsen machten diese sichere Anlage für viele Kunden attraktiv und sie nutzten diese Sparverträge zum langfristigen Vermögensaufbau.

In Zeiten rückläufiger Zinsen machten die vereinbarten Bonuszinsen von bis zu 50 % auf den Sparbeitrag diese Verträge für die Anleger noch attraktiver, aber für die Banken zu einem Problem.

Bereits im Jahr 2004 erklärte der Bundesgerichtshof die von den Sparkassen und anderen Banken verwendeten Zinsänderungsklauseln dieser Prämiensparverträge als unzulässig. So wurde beispielsweise nachfolgende Zinsänderungsklausel verwendet:

Das Sparguthaben des Sparers wird während der Ansparphase variabel mit zzt. 4,25 % verzinst (Grundzinsen). Eine Änderung des Zinssatzes tritt mit der Änderung des Preisaushangs in Kraft.

Der Bundesgerichtshof hatte jedoch Vertragsklauseln, die die Änderung des Zinssatzes einseitig dem Belieben der Bank überlassen, für unzulässig erklärt.

Der Anleger soll aufgrund der in den Klauseln verwendeten Angaben die Höhe und den Verlauf des Vergleichs- oder Referenzzinses selbst ermitteln können. Das oben aufgeführte Beispiel einer Zinsänderungsklausel genügt dementsprechend diesen Anforderungen nicht.

Im Rahmen einer Musterfeststellungsklage hatte die Verbraucherzentrale Sachsen stellvertretend für ungefähr 1.300 Kunden gegen die Sparkasse Leipzig geklagt. Wirtschaftlichkeitsanalysen hatten gezeigt, dass die Banken zu niedrige Zinsen berechnet hatten.

Das Oberlandesgericht Dresden sprach sein Urteil in diesem Fall im April 2020 (Aktenzeichen 5 MK 1/19). Nun hat der Bundesgerichtshof am 06.10.2021 das Urteil des Oberlandesgerichts Dresden weitestgehend bestätigt (Aktenzeichen XI ZR 234/20).

Der Bundesgerichtshof bestätigte, dass die Zinsänderungsklausel der Sparkasse Leipzig unwirksam war. Aus diesem Grund sind die Zinsen der betroffenen Sparverträge neu zu berechnen.

Dabei ist ein Vergleichs- oder Referenzzins für eine langfristige Anlage heranzuziehen. Welcher Referenzzins anzuwenden ist, muss jedoch das Oberlandesgericht Dresden noch bestimmen. Die Zinsanpassung hat in der gleichen Weise zu erfolgen, wie sich der Referenzzins ändert. Wird der Referenzzins von der Bundesbank im monatlichen Rhythmus veröffentlicht, so ist auch der Vertragszins monatlich anzupassen.

Des Weiteren hat der Bundesgerichtshof bestätigt, dass die Zinsanpassung mit einem relativen Abstand zwischen Referenzzins und Vertragszins zu berechnen ist. Denn ein absoluter Abstand kann rechnerisch dazu führen, dass der Vertragszins negativ wird.

Das Oberlandesgericht Dresden hatte bezüglich des Referenzzinses die Verwendung eines gleitenden Durchschnittszinses der letzten zehn Jahre nicht grundsätzlich abgelehnt. Auch dies hat der Bundesgerichtshof nicht verworfen.

Fazit

Das für viele Anleger attraktive Angebot des Prämiensparens wurde bei immer weiter sinkenden Zinsen für die anbietenden Banken zum Problem. Nachdem die bestehende Zinsänderungsklausel vom Bundesgerichtshof verworfen wurde, wurde erst offenkundig, dass die Anleger bei der Zinsanpassung benachteiligt wurden. Die daraus folgenden Klagen führten letztlich zum Urteil des Bundesgerichtshofs vom 06.10.2021, mit dem die Zinsanpassungen der Banken nach „Gutsherrenart“ für unwirksam erklärt worden sind. Es ist davon auszugehen, dass die überwiegende Zahl der Anleger Zinsnachzahlungen über mehrere tausend oder zehntausend Euro erhalten wird.

 

Bewertung eines Unternehmens der Medizinbranche unter Berücksichtigung der Patentsituation

Die Bewertung des Unternehmens wurde im Zuge eines Rechtsstreits notwendig. Das zu bewertende Unternehmen beschäftigt sich mit der Herstellung und dem Vertrieb medizinischer Produkte und hat sich auf Hilfsmittel bei Schädigungen des Hörsinns spezialisiert.

Durch die langjährige Forschungs- und Entwicklungstätigkeit und die Zusammenarbeit mit führenden nationalen und internationalen Wissenschaftlern, Medizinern und Ingenieuren gelang es, zukunftsweisende Hilfsmittel zu fertigen, die zu bestmöglichen Hörergebnissen führen. Aus diesem Grund hielt die Gesellschaft zahlreiche Patente. Im Zuge der Bewertung des Unternehmens war zu prüfen, ob sich aus dem zeitlichen Auslaufen der Patente mittelfristig ein zu berücksichtigendes Risiko für die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft ergibt.

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Insolvenzantragspflicht in Pandemiezeiten

Mit Wirkung vom 19.02.2021 wurde das COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz (COVInsAG) vom 27. März 2020 (BGBl. I S. 569) erneut geändert. Die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung ist bis 30.04.2021 ausgesetzt, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. dazu Artikel 10 des Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetzes (SanInsFoG) vom 22. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3256)).

Bereits zum 01.01.2021 traten aufgrund Artikel 5 des Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortent-wicklungsgesetzes (SanInsFoG) vom 22. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3256) Änderungen verschiedener Einzelnormen der Insolvenzordnung in Kraft.

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