COVID-19: Unternehmensbewertung

Die Corona-Pandemie verursachte u.a. eine weltweite Talfahrt der Börsenkurse. So verlor der deutsche Aktienindex DAX zwischen dem 20. Februar und dem 18. März ca. 5.000 Punkte. Im weiteren Verlauf erholten sich die Aktienmärkte zwar wieder, doch es bleibt die Frage, welchen nachhaltigen Einfluss auf die Bewertung von Unternehmen und damit auch auf die Börsenkurse diese Pandemie hat.

In Deutschland orientiert sich die Bewertungspraxis an den vom Institut der Wirtschaftsprüfer herausgegebenen Bewertungsgrundsätzen IDW S 1. Aus diesem Grund hat sich der Fachausschuss für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft (FAUB) des IDW mit einem fachlichen Hinweis zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Bewertung von Unternehmen an die Bewertungspraxis gewandt.

Zunächst weist der IDW darauf hin, dass Unternehmensbewertungen nach den Grundsätzen des IDW S 1 auf fundamentalanalytischen Wertermittlungsmethoden basieren, bei denen auf der Grundlage der Unternehmenszahlen ein Zukunftserfolgswert berechnet wird (bspw. Ertragswertverfahren). Börsenkurse seien dagegen Preise für einzelne Wertpapiere, die auf der Grundlage von Angebot und Nachfrage ermittelt werden.

Die durch die Corona-Pandemie verursachten Unsicherheiten betreffen bei der Unternehmensbewertung einerseits die Schätzung der zukünftigen Erträge und andererseits die Bestimmung einer sachgerechten Risikoprämie innerhalb des Kapitalisierungszinssatzes.

Hinsichtlich der (negativen) Effekte auf die Ertragslage der Unternehmen weist der FAUB darauf hin, dass diese je nach Branche und Geschäftsmodell unterschiedlich ausfallen können und dass eine Prognose zur Dauer dieser negativen Effekte aktuell noch nicht abgegeben werden kann. Darüber hinaus weist der FAUB darauf hin, dass vorübergehende Effekte auch langfristig negative Folgen haben können.

In Bezug auf die langfristigen Auswirkungen der Corona-Pandemie thematisiert der FAUB auch die sich bereits vorher im Umbruch befindliche globalisierte Welt. Bereits vor Ausbruch der Corona-Pandemie waren traditionelle Geschäftsmodelle in Frage gestellt worden. Der FAUB geht davon aus, dass Unternehmen nach der Krise in vielen Fällen nicht mehr auf dieselbe Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen treffen werden und nicht mehr auf dieselben Beschaffungsketten zugreifen können. Aus diesem Grund sei in jedem einzelnen Bewertungsfall zu analysieren, ob und inwieweit die Geschäftspläne aus der Vor-Krisen-Zeit zugrunde gelegt werden können oder angepasst werden müssen. Gegebenenfalls sind deshalb die Unternehmensplanungen anzupassen.

Für die Bestimmung des Kapitalisierungszinses sieht der FAUB bisher keine Gründe, eine Änderung an der Methodik zur Ableitung des Kapitalisierungszinses vorzunehmen. Laut FAUB orientiert sich der Kapitalisierungszins auch in einer Krise an langfristigen Renditen in einer Größenordnung von 7 bis 9 % nach Unternehmenssteuern und vor persönlichen Steuern.

Diesen fachlichen Hinweis veröffentlichte der FAUB am 25.03.2020. Es ist davon auszugehen, dass der FAUB hinsichtlich der Auswirkungen der Corona-Pandemie weitere fachliche Hinweise veröffentlichen wird. Der FAUB ist neben der Beobachtung der weiteren Entwicklung in Bezug auf die Corona-Pandemie auch in einem weiteren Punkt gefordert: Behandlung negativer Basiszinssätze im Rahmen einer Unternehmensbewertung. Denn erstmals wurde zum 01.06.2020 ein negativer Basiszinssatz von gerundet -0,10 % berechnet. Ein negativer Basiszins bedeutet, dass bei gegebener Marktrendite die Marktrisikoprämie (zumindest rechnerisch) höher wäre als die Marktrendite. Wie diesbezüglich im Rahmen der Ermittlung von objektivierten Unternehmenswerten verfahren werden soll, sollte vom FAUB möglichst zeitnah erläutert werden.