Der Haushaltsführungsschaden

Definition

Von einem Haushaltsführungsschaden spricht man, wenn eine Person infolge eines Schadensereignisses den eigenen Haushalt nicht mehr führen bzw. die unterhaltsrechtlich geschuldete Hausarbeit nur noch teilweise oder gar nicht mehr erbringen kann.

Der Haushaltsführungsschaden betrifft gemäß § 843 Abs. 1 Alt. 1 BGB die Aufhebung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, soweit der Schaden eine Einschränkung oder Aufhebung der Unterhaltsleistungen bedeutet. Er ist unter dem Gesichtspunkt der Vermehrung der Bedürfnisse nach § 843 Abs. 1 Alt. 2 BGB erstattungsfähig, soweit es um die eigene Bedarfsdeckung geht.

Parameter der Schadenshöhe

Die Höhe des Haushaltsführungsschadens hängt von folgenden Parametern ab:

  • dem Umfang der hypothetisch auszuführenden Arbeiten
  • dem Grad der Beeinträchtigung (ggf. zeitlich gestaffelt)
  • der Höhe der Verrechnungssätze

Umfang der hypothetisch auszuführenden Arbeiten

Dabei ist festzustellen, in welchem Umfang die geschädigte Person bestimmte Haushaltstätigkeiten ohne das Schadensereignis durchgeführt hätte bzw. durchführen würde. Entsprechende Erfahrungswerte aus der Vergangenheit können herangezogen werden, müssen jedoch an Veränderungen innerhalb des Haushaltes angepasst werden (z.B. Geburt eines Kindes, Umzug in eine kleinere Wohnung).

Zur Erfassung werden in der Literatur verschiedene Listen und Klassifizierungen als Hilfsmittel angeboten, wobei überwiegend zwischen Tätigkeiten (kochen, aufräumen, putzen, waschen, betreuen, einkaufen, u.a.) differenziert wird.

Grad der Beeinträchtigung

Im nächsten Schritt ist festzustellen, in welchem Umfang die geschädigte Person an der Ausführung der üblicherweise von ihr verrichteten Hausarbeit gehindert wird.

Im Zeitablauf wurden dazu zahlreiche Tabellen (z.B.: Reichenbach/Vogel, Münchner Modell, Schulz-Borck/Parday, Schah Sedi) entwickelt, die Orientierungswerte für die Beurteilung der Beeinträchtigung liefern. Letztlich bedarf es in vielen Fällen einer individuellen, medizinischen Beurteilung zur Feststellung der durch das Schadensereignis verursachten Beeinträchtigung (MdH = Minderung der Hausarbeitsfähigkeit).

Höhe der Verrechnungssätze

 

Tatsächlich angefallene Kosten

Wenn für die verletzte Person eine Haushaltshilfe eingestellt wird, sind die tatsächlich anfallenden Kosten zu erstatten. Dazu zählen der Bruttolohn sowie die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung.

Gemäß dem BGH entsprechen die tatsächlich angefallenen Kosten der Schadensabhilfe nicht dem Schaden, sondern stellen lediglich ein Indiz für den benötigten Bedarf dar (vgl. BGH v. 06.11.1973, BGHZ 61,349 = NJW 1974, 34). Somit werden die Kosten vom Gericht anerkannt, aber die Gegenseite kann Einwände gegen die Abrechnungen erheben, die dann zu prüfen sind.

Üblicherweise entspricht jedoch die Höhe des Haushaltsführungsschadens den Kosten, die bei Beauftragung einer Hilfe tatsächlich angefallen sind.

Sofern die Haushaltshilfe nur für bestimmte Tätigkeiten eingestellt wird, aber weitere unerledigte Arbeiten der verletzten Person anfallen, kann diesbezüglich zusätzlich auch ein fiktiver Schaden geltend gemacht werden.

Fiktiver Haushaltsführungsschaden

Wenn der Verletzte den Haushalt trotz der Einschränkungen selbst führt bzw. in dem Fall, dass der Haushalt durch Dritte (Angehörige, Freunde) unentgeltlich geführt wird, besteht dennoch Anspruch auf Schadenersatz. Er ergibt sich aus der Höhe der Kosten, die entstanden wären, wenn eine Person für die Haushaltsführung hätte bezahlt werden müssen. Es liegt ein sogenannter fiktiver Haushaltsführungsschaden vor, dessen Ersatz gemäß BGH auf eine Nettoschadenabrechnung (ohne Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung und ohne Steuern) zu begrenzen ist.

Konkreter Stundenlohn

Zur Konkretisierung des Stundensatzes kann auf die üblichen Kosten einer Haushaltshilfe zurückgegriffen werden, die sich jedoch regional teils erheblich unterscheiden.

Seit 2019 liegt der gesetzliche Mindestlohn bei 9,19 EUR, seit 2020 bei 9,35 EUR, seit 2021 bei 9,60 EUR und seit 01.10.2022 bei 12,00 EUR.

Laut BGH-Rechtsprechung (vgl. BGH Urteil ZR VI 183/08) ist es nicht zu beanstanden, wenn auf BAT X (heute TVöD Bund) Bezug genommen wird, wonach im Jahre 2008 ein Stundenlohn von durchschnittlich 9,61 Euro für eine Haushaltshilfe zu bezahlen war. Im Jahre 2017 lag der durchschnittliche Satz bei 12,36 Euro. Das Landgericht Tübingen verweist auf § 21 JVEG, wonach Zeugen derzeit (Stand 01.01.2021) mit 17,00 Euro für eine fiktive Haushaltshilfe entschädigt werden müssen. Dem haben sich einige Landgerichte (z.B. LG Mainz) angeschlossen.

Aufgrund der aktuell (2023) bestehenden Arbeitsmarktsituation muss die Höhe des fiktiven Entgeltes hinterfragt werden. Tatsächlich sind allenfalls Putzhilfen für einen Stundenlohn von 14,00 EUR zu bekommen. Qualifizierte Haushälter bzw. Haushälterinnen können unter 15,00 EUR fast nicht mehr beschäftigt werden

Beispiel für eine konkrete Berechnung des Haushaltsführungsschadens

Im nachfolgend aufgeführten Beispiel wird davon ausgegangen, dass in dem vom Schadensereignis betroffenen Haushalt (nach individueller Erhebung) 42 Wochenstunden an Haushaltsarbeit anfallen.

Davon würde die vom Schadenereignis betroffene Person 28 Wochenstunden bewältigen. Aufgrund ihrer schadensbedingten Beeinträchtigung in Höhe von durchschnittlich 25% ist sie noch in der Lage, 21 Wochenstunden zu leisten. Es ist ihr damit ein zeitliches Defizit von 7 Wochenstunden entstanden, das ersatzfähig ist.

 

Bei einem Stundensatz von 15,- € ergibt sich ein monatlicher Schadenersatzbetrag in Höhe von 454,65 € (7 x 4,33 x 15).

 

Für Rückfragen und Anregungen stehen wir gerne zur Verfügung.

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