Ende der Ausnahmeregelungen des SanInsKG zum 31.12.2023 – Anstieg der Insolvenzen wegen Überschuldung? –

Mit dem SanInsKG (sanierungs- und insolvenzrechtliches Krisenfolgenabmilderungsgesetz), das am 09.11.2022 in Kraft getreten war, wurde u.a. der Prognosezeitraum, der im Rahmen der Überschuldungsprüfung eine wesentliche Rolle spielt, von zwölf auf vier Monate verkürzt.

Die Überschuldung stellt bei juristischen Personen (z.B. GmbH, AG) sowie Personenhandelsgesellschaften, bei denen es keinen persönlich haftenden Gesellschafter gibt (z.B. GmbH & Co. KG), neben der Zahlungsunfähigkeit einen zur Insolvenzantragstellung verpflichtenden Insolvenzgrund dar.

Überschuldung liegt nach § 19 Abs. 2 S. 1 InsO vor,

 „wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich.“

Die Überschuldungsprüfung umfasst grundsätzlich eine Fortbestehensprognose sowie die Erstellung eines Überschuldungsstatus. Eine positive Fortbestehensprognose schließt eine Überschuldung aus. Bei positiver Fortbestehensprognose ist die Erstellung eines Überschuldungsstatus damit nicht erforderlich.

Für das Jahr 2021 wurde mit § 4 COVInsAG der Prognosezeitraum für die Feststellung der Überschuldung auf vier Monate verkürzt, sofern die Überschuldung des Unternehmens auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen war.

Ende 2022 war das SanInsKG zur vorübergehenden Anpassung sanierungs- und insolvenzrechtlicher Vorschriften zur Abmilderung von Krisenfolgen eingeführt worden, welches das COVInsAG ersetzt hat.

Wesentlicher Kern des COVInsAG/SanInsKG war eine zeitlich befristete Entschärfung des Insolvenzeröffnungstatbestands der Überschuldung gemäß § 19 InsO.

So wurde u.a. durch § 4 Abs. 2 SanInsKG der Prognosezeitraum von vier Monaten auch für den Zeitraum vom 9. November 2022 bis einschließlich 31. Dezember 2023 festgelegt und die Frist zur Stellung des Insolvenzantrages wegen Überschuldung nach § 15a Abs. 1 S. 2 InsO für den Zeitraum vom 09.11.2022 bis 31.12.2023 von sechs auf acht Wochen verlängert (§ 4a SanInsKG).

Die Neuregelungen nach dem SanInsKG waren bis zum 31. Dezember 2023 befristet.

Grundsätzlich war somit der Prognosezeitraum durch das SanInsKG vom 09. November 2022 bis 31. Dezember 2023 wieder auf vier statt zwölf Monate reduziert worden.

Gemäß der Gesetzesbegründung zum SanInsKG konnte jedoch ab September 2023 wieder eine Frist von zwölf Monaten für die Prognose relevant werden.

So sei laut der Gesetzesbegründung zum SanInsKG zu berücksichtigen, dass ein Unternehmen, für das weniger als vier Monate vor dem Ablauf der Geltungsdauer feststehe, dass es unmittelbar nach dem Ablauf dieser Geltungsdauer unter dem dann wieder maßgeblichen Überschuldungsbegriff des § 19 InsO überschuldet sein wird, dies auch in der nach § 4 Absatz 2 SanInsKG zu erstellenden Fortführungsprognose berücksichtigen muss. Demnach durften sich Geschäftsführer, denen bereits im September 2023 bewusst war, dass eine ab dem 01.01.2024 zu erstellende zwölfmonatige Fortbestehensprognose negativ ausfallen wird, ab September 2023 nicht mehr nur auf den viermonatigen Prognosezeitraum beschränken.

Wie die Gerichte derartige Fälle beurteilen werden, bleibt abzuwarten.

Die Folgen eines möglicherweise zu kurz gewählten Prognosezeitraums könnten beträchtlich sein.

Geschäftsführer juristischer Personen (z.B. GmbH, AG) und Personenhandelsgesellschaften, bei denen es keinen persönlich haftenden Gesellschafter gibt (z.B. GmbH & Co. KG), wären verpflichtet, unverzüglich Insolvenzantrag zu stellen, wenn das Unternehmen rechnerisch überschuldet wäre und eine positive Fortbestehensprognose unter Berücksichtigung von zwölf anstatt vier Monaten entfiele.

Ein Verstoß gegen die Insolvenzantragspflicht kann z.T. missliche zivil- und ggfls. strafrechtliche Folgen haben. So kann ein Verstoß gegen die Insolvenzantragspflicht eine zivil- und strafrechtliche Haftung wegen Insolvenzverschleppung nach sich ziehen.

Durch das SanInsKG war die Insolvenzantragsfrist für den Insolvenzgrund der Überschuldung bis zum 31.12.2023 auf maximal acht Wochen ausgeweitet worden.

Seit dem 01.01.2024 beträgt diese Frist wieder sechs Wochen.

Es ist davon auszugehen, dass die Zahl der Insolvenzen zukünftig wieder steigen wird.

Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) meldete bereits im November 2023, dass die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften im Oktober 2023 leicht angestiegen sei und erneut deutlich über dem Niveau vor der Corona-Pandemie lag. Für die kommenden Monate rechne man mit erheblich steigenden Insolvenzzahlen.

Quelle: Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (IWH), Pressemitteilung 28/2023,
Halle (Saale), den 07.11.2023

Das MHP Team beschäftigt sich seit über 40 Jahren mit der Prüfung und Feststellung von Insolvenzgründen (Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung).

Gerne unterstützen wir Sie bei der Frage des Vorliegens von Insolvenzgründen.

 

Der Haushaltsführungsschaden

Definition

Von einem Haushaltsführungsschaden spricht man, wenn eine Person infolge eines Schadensereignisses den eigenen Haushalt nicht mehr führen bzw. die unterhaltsrechtlich geschuldete Hausarbeit nur noch teilweise oder gar nicht mehr erbringen kann.

Der Haushaltsführungsschaden betrifft gemäß § 843 Abs. 1 Alt. 1 BGB die Aufhebung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, soweit der Schaden eine Einschränkung oder Aufhebung der Unterhaltsleistungen bedeutet. Er ist unter dem Gesichtspunkt der Vermehrung der Bedürfnisse nach § 843 Abs. 1 Alt. 2 BGB erstattungsfähig, soweit es um die eigene Bedarfsdeckung geht.

Parameter der Schadenshöhe

Die Höhe des Haushaltsführungsschadens hängt von folgenden Parametern ab:

  • dem Umfang der hypothetisch auszuführenden Arbeiten
  • dem Grad der Beeinträchtigung (ggf. zeitlich gestaffelt)
  • der Höhe der Verrechnungssätze

Umfang der hypothetisch auszuführenden Arbeiten

Dabei ist festzustellen, in welchem Umfang die geschädigte Person bestimmte Haushaltstätigkeiten ohne das Schadensereignis durchgeführt hätte bzw. durchführen würde. Entsprechende Erfahrungswerte aus der Vergangenheit können herangezogen werden, müssen jedoch an Veränderungen innerhalb des Haushaltes angepasst werden (z.B. Geburt eines Kindes, Umzug in eine kleinere Wohnung).

Zur Erfassung werden in der Literatur verschiedene Listen und Klassifizierungen als Hilfsmittel angeboten, wobei überwiegend zwischen Tätigkeiten (kochen, aufräumen, putzen, waschen, betreuen, einkaufen, u.a.) differenziert wird.

Grad der Beeinträchtigung

Im nächsten Schritt ist festzustellen, in welchem Umfang die geschädigte Person an der Ausführung der üblicherweise von ihr verrichteten Hausarbeit gehindert wird.

Im Zeitablauf wurden dazu zahlreiche Tabellen (z.B.: Reichenbach/Vogel, Münchner Modell, Schulz-Borck/Parday, Schah Sedi) entwickelt, die Orientierungswerte für die Beurteilung der Beeinträchtigung liefern. Letztlich bedarf es in vielen Fällen einer individuellen, medizinischen Beurteilung zur Feststellung der durch das Schadensereignis verursachten Beeinträchtigung (MdH = Minderung der Hausarbeitsfähigkeit).

Höhe der Verrechnungssätze

 

Tatsächlich angefallene Kosten

Wenn für die verletzte Person eine Haushaltshilfe eingestellt wird, sind die tatsächlich anfallenden Kosten zu erstatten. Dazu zählen der Bruttolohn sowie die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung.

Gemäß dem BGH entsprechen die tatsächlich angefallenen Kosten der Schadensabhilfe nicht dem Schaden, sondern stellen lediglich ein Indiz für den benötigten Bedarf dar (vgl. BGH v. 06.11.1973, BGHZ 61,349 = NJW 1974, 34). Somit werden die Kosten vom Gericht anerkannt, aber die Gegenseite kann Einwände gegen die Abrechnungen erheben, die dann zu prüfen sind.

Üblicherweise entspricht jedoch die Höhe des Haushaltsführungsschadens den Kosten, die bei Beauftragung einer Hilfe tatsächlich angefallen sind.

Sofern die Haushaltshilfe nur für bestimmte Tätigkeiten eingestellt wird, aber weitere unerledigte Arbeiten der verletzten Person anfallen, kann diesbezüglich zusätzlich auch ein fiktiver Schaden geltend gemacht werden.

Fiktiver Haushaltsführungsschaden

Wenn der Verletzte den Haushalt trotz der Einschränkungen selbst führt bzw. in dem Fall, dass der Haushalt durch Dritte (Angehörige, Freunde) unentgeltlich geführt wird, besteht dennoch Anspruch auf Schadenersatz. Er ergibt sich aus der Höhe der Kosten, die entstanden wären, wenn eine Person für die Haushaltsführung hätte bezahlt werden müssen. Es liegt ein sogenannter fiktiver Haushaltsführungsschaden vor, dessen Ersatz gemäß BGH auf eine Nettoschadenabrechnung (ohne Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung und ohne Steuern) zu begrenzen ist.

Konkreter Stundenlohn

Zur Konkretisierung des Stundensatzes kann auf die üblichen Kosten einer Haushaltshilfe zurückgegriffen werden, die sich jedoch regional teils erheblich unterscheiden.

Seit 2019 liegt der gesetzliche Mindestlohn bei 9,19 EUR, seit 2020 bei 9,35 EUR, seit 2021 bei 9,60 EUR und seit 01.10.2022 bei 12,00 EUR.

Laut BGH-Rechtsprechung (vgl. BGH Urteil ZR VI 183/08) ist es nicht zu beanstanden, wenn auf BAT X (heute TVöD Bund) Bezug genommen wird, wonach im Jahre 2008 ein Stundenlohn von durchschnittlich 9,61 Euro für eine Haushaltshilfe zu bezahlen war. Im Jahre 2017 lag der durchschnittliche Satz bei 12,36 Euro. Das Landgericht Tübingen verweist auf § 21 JVEG, wonach Zeugen derzeit (Stand 01.01.2021) mit 17,00 Euro für eine fiktive Haushaltshilfe entschädigt werden müssen. Dem haben sich einige Landgerichte (z.B. LG Mainz) angeschlossen.

Aufgrund der aktuell (2023) bestehenden Arbeitsmarktsituation muss die Höhe des fiktiven Entgeltes hinterfragt werden. Tatsächlich sind allenfalls Putzhilfen für einen Stundenlohn von 14,00 EUR zu bekommen. Qualifizierte Haushälter bzw. Haushälterinnen können unter 15,00 EUR fast nicht mehr beschäftigt werden

Beispiel für eine konkrete Berechnung des Haushaltsführungsschadens

Im nachfolgend aufgeführten Beispiel wird davon ausgegangen, dass in dem vom Schadensereignis betroffenen Haushalt (nach individueller Erhebung) 42 Wochenstunden an Haushaltsarbeit anfallen.

Davon würde die vom Schadenereignis betroffene Person 28 Wochenstunden bewältigen. Aufgrund ihrer schadensbedingten Beeinträchtigung in Höhe von durchschnittlich 25% ist sie noch in der Lage, 21 Wochenstunden zu leisten. Es ist ihr damit ein zeitliches Defizit von 7 Wochenstunden entstanden, das ersatzfähig ist.

 

Bei einem Stundensatz von 15,- € ergibt sich ein monatlicher Schadenersatzbetrag in Höhe von 454,65 € (7 x 4,33 x 15).

 

Für Rückfragen und Anregungen stehen wir gerne zur Verfügung.

Von Stammkunden und Kundenstämmen – Bewertung eines Kundenstamms

Dass ein Unternehmen Produkte und Dienstleistungen an seine Kunden verkauft, liegt in der Natur des Wirtschaftens. Aber kann ein Unternehmen auch seine Kunden „verkaufen“? Und wenn ja, zu welchem Preis?

Handelsrechtlich zählt der Kundenstamm zu den selbst geschaffenen, immateriellen Wirtschaftsgütern und darf in der Bilanz nicht aktiviert werden. Aber ist er deshalb „wertlos“?

Tatsächlich stellt sich in der betriebswirtschaftlichen Praxis immer wieder die Frage, ob dem oft über Jahre aufgebauten Kundenstamm ein eigenständiger Wert beizumessen ist. Schließlich wurde dafür, dass Kunden die angebotenen Produkte beziehen oder Dienstleistungen in Anspruch nehmen, nicht selten viel Zeit und Geld investiert.

Wir zeigen aus der gutachterlichen Praxis, worauf bei der Bewertung eines Kundenstamms zu achten ist.

Definition Kundenstamm

In der Theorie bildet die Gesamtmenge ehemaliger, aktueller und je nach Definition auch zukünftiger Kunden einer Unternehmung den Kundenstamm.

Im Rahmen der Bewertung des Kundenstamms sind jedoch nur die Kunden von Relevanz, mit denen zum Bewertungsstichtag tatsächlich eine regelmäßige und aktive Geschäftsbeziehung besteht.

Bewertungsmethoden

Für die Bewertung eines Kundenstamms (oder allgemein gesprochen der Bewertung immaterieller Wirtschaftsgüter) stehen verschiedene in Theorie und Praxis entwickelte Ansätze zur Verfügung. Man unterscheidet zwischen der kostenorientierten, der erfolgsorientierten und der marktorientierten Methode.

Kostenorientierte Methode:

Der Wert des Kundenstamms wird auf der Grundlage der Kosten, die für den Aufbau eines vergleichbaren Kundenstamms anfallen würden, ermittelt.

Erfolgsorientierte Methode:

Bei dieser Vorgehensweise wird der Wert des Kundenstamms auf der Grundlage der zukünftigen finanziellen Vorteile, die mit dem zum Stichtag bestehenden Kundenstamm aller Voraussicht nach erreicht werden können, berechnet. Hierbei werden zunächst die kundenspezifischen Überschüsse ermittelt und mit einem Kapitalisierungszinssatz auf den Bewertungsstichtag abgezinst.

Marktorientierte Methode:

Bei der marktorientierten Methode wird der Preis des Kundenstamms aus der Analyse der Preise abgeleitet, die auf einem Markt für vergleichbare Wirtschaftsgüter gezahlt werden.

In Deutschland existiert jedoch kein Markt (Börse, Handelsplatz), auf dem Kundenstämme gehandelt werden. Insofern liegen kaum Vergleichswerte vor, mit deren Hilfe man einen entsprechenden Kundenstamm bewerten könnte.

In der Praxis finden somit insbesondere die kostenorientierte Methode sowie die erfolgsorientierte Methode Anwendung. Nachfolgend werden wir uns mit der erfolgsorientierten Methode auseinandersetzen. Sie spielt in der Praxis die wichtigste Rolle.

 

Erfolgsorientierte Bewertung eines Kundenstamms

 

Voraussetzungen

Eine Bewertung des Kundenstamms nach der erfolgsorientierten Methode setzt voraus, dass kundenindividuelle Angaben zu

  • Umsätzen
  • Verkaufskonditionen
  • Materialeinsatz
  • Herstellungskosten

in einem ausreichenden Detailierungsgrad und einer verwertbaren Qualität vorliegen.

 

Nutzungsdauer

Ein wesentlicher Einflussfaktor bei der Bewertung des Kundenstamms ist ferner die Nutzungsdauer bzw. die durchschnittliche Kundenbindung. Die Annahme einer unendlich langen Geschäftsbeziehung ist nicht sachgerecht, denn bestehende Kunden gehen verloren und neue Kunden, zu denen bislang keine Beziehung bestand, werden hinzugewonnen.

Dabei wird die Nutzungsdauer von nachfolgenden Faktoren geprägt:

  • Vertragslaufzeiten und erwartete Vertragsverlängerungen
  • rechtliche, regulatorische, wirtschaftliche und technologische Aspekte
  • Handlungen von Wettbewerbern und potenziellen Konkurrenten
  • demografische/biometrische Aspekte der bestehenden Kundenstruktur

Bei der Bewertung eines Kundenstamms sind folglich auch Annahmen zur voraussichtlichen Dauer der Kundenbeziehungen zu treffen und zu begründen.

 

Bewertung des Kundenstamms

 

Erlöse und Roherträge

Zunächst wird anhand der vorliegenden Angaben festgestellt, welche kundenspezifischen Umsatzerlöse durchschnittlich in einem Geschäftsjahr erzielt werden können. Hiervon sind ggf. weitere kundenindividuellen Konditionen (z.B. Boni, Naturalrabatte) in Abzug zu bringen.

Zur Ermittlung der kundenspezifischen Roherträge sind im nächsten Schritt die Materialkosten (im Dienstleistungsbereich können diese auch sehr gering sein) von den Erlösen zu subtrahieren.

Das Ergebnis dieser ersten Berechnung sind die mit dem Kundenstamm erzielbaren durchschnittlichen Jahresroherträge.

Idealerweise können entsprechende Angaben dem Warenwirtschaftssystem des Unternehmens entnommen werden. Ansonsten müssen die Daten manuell aus den vorliegenden Unterlagen extrahiert werden.

Deckungsbeiträge

Von den Roherträgen abzuziehen sind die weiteren variablen Kosten, die bei der Herstellung und Veräußerung der Produkte oder den erbrachten Dienstleistungen anfallen. Dazu zählen bspw. Personalkosten sowie Aufwendungen für Verpackung, Versand und Transport.

Berücksichtigung der Kundenbindung (vgl. Nutzungsdauer)

Im Rahmen einer Analyse der Kundenlisten im Mehrjahresvergleich kann die Fluktuation im Bereich des Kundenstamms und somit auch die durchschnittliche Dauer der Geschäftsbeziehungen zwischen Kunden und Unternehmen ermittelt werden.

Berechnung des Kundenstamm-Wertes

Ausgehend von dem jährlich erzielbaren Deckungsbeitrag wird unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Kundenbindung für einen entsprechend langen Zeitraum der jährlich zu erwartende Deckungsbeitrag pro Kunde ermittelt.

Diese zukünftigen Erträge werden mit einem für den zu bewertenden Kundenstamm relevanten Kapitalisierungszinssatz auf den Bewertungsstichtag abgezinst.

In den nachfolgenden Tabellen wird die Bewertung eines Kundenstamms anhand der erfolgsorientierten Methode mit Hilfe eines vereinfachten Beispiels dargestellt.

 

 

Das Beispiel zeigt, dass der Firma pro Jahr durchschnittlich 20% ihrer Kunden verloren gegangen sind. Es kann folglich von einer Nutzungsdauer des Kundenstamms von 5 Jahren ausgegangen werden.

 

 

Die Bewertung des Kundenstamms auf der Grundlage der Roherträge, variablen Kosten und dem anzuwendenden Kapitalisierungszinssatz führt in diesem vereinfachten Beispiel zu einem Wertansatz für den Kundenstamm in Höhe von rund 1,226 Mio. €.

Für Rückfragen und Anregungen stehen wir gerne zur Verfügung.

 

Kritische Auseinandersetzung: Vereinfachter Nachweis der Zahlungsunfähigkeit nach dem Urteil des BGH vom 28.06.2022 (II ZR 112/21)

Der II. Zivilsenat des BGH hat sich in seiner jüngeren Rechtsprechung dafür ausgesprochen, die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 S. 1 InsO auch auf andere Weise als zulässig zu erachten und rückt damit von der bisherigen Rechtsprechung ab, die bei Feststellung einer Unterdeckung im Liquiditätsstatus eine Liquiditätsbilanz bzw. einen Finanzplan über einen Zeitraum von drei Wochen fordert, in welchem die Aktiva I und Aktiva II den Passiva I und Passiva II gegenüberzustellen sind. Mit dem Urteil des II. Zivilsenats vom 28.06.2022 (II ZR 112/21) können sich für die Zukunft wesentliche Änderungen bei der Prüfung und Feststellung der Zahlungsunfähigkeit ergeben.

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Verdienstausfallschaden – Steuereffekte bei Ersatzzahlungen

Wird ein Erwerbstätiger (selbständig oder nicht selbständig) unverschuldet durch ein Schadensereignis vorübergehend oder dauerhaft an der Ausübung seiner Tätigkeit gehindert, hat er gegenüber dem Schädiger Anspruch auf Erstattung seines entgangenen Gewinns (bei selbständig Tätigen) bzw. seines entgangenen Verdienstes (bei nicht selbständig Tätigen).

Als entgangen gilt der Betrag, der dem Geschädigten nach Abzug von Steuern und etwaigen Sozialversicherungsbeiträgen sowie berufsbedingter Aufwendungen tatsächlich zugeflossen wäre.

Es kann folglich zwischen einem Bruttoschaden (entgangene Einkünfte vor Berücksichtigung etwaiger Abzüge) und einem Nettoschaden (entgangene Einkünfte nach Steuern, Sozialabgaben und weiteren Vorteilsausgleichen) unterschieden werden.

Schadenersatzzahlungen auf Verdienstausfallschäden sind ihrerseits steuerpflichtig (§ 24 EStG). Der Geschädigte hat gegenüber dem Schädiger Anspruch darauf, dass dieser ihm auch die auf die Schadenersatzzahlung anfallende Steuer ersetzt.

Die Höhe dieser Steuern ist von der Höhe des zu versteuernden Einkommens (inkl. der Schadenersatzzahlung), der Art der Veranlagung und des geltenden Steuerrechts im Jahr der Zahlung des Ersatzbetrags abhängig.

Da sich die persönliche Einkommenssituation des Geschädigten sowie die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen im Zeitablauf verändern und zwischen dem Schadensereignis und der Zahlung des Ersatzbetrages nicht selten Jahre vergehen, führt in der Regel weder die Zahlung des Bruttoschadens noch des Nettoschadens zum Ausgleich des entgangenen Gewinns bzw. Verdienstes.

Dazu ein Beispiel aus der Praxis der Sachverständigentätigkeit:

Fallbeispiel

Ein angestellter Mitarbeiter (ledig, keine Kinder) wird durch einen Verkehrsunfall im Jahr 2020 so schwer verletzt, dass er keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen kann und fortan Erwerbsminderungsrente bezieht.

Die Einkommenssituation im Referenzjahr (hypothetische Einkünfte ohne den Unfall) stellte sich wie folgt dar:

Berufsbedingte Aufwendungen (Fahrten zur Arbeitsstelle) fallen in Höhe von 1.000,- € an, sodass sich der Nettoschaden auf 39.200,- € beläuft.

Die Einkommenssituation im Jahr nach dem Unfall sieht wie folgt aus:

Der Bruttoschaden beträgt somit 40.000,- € (65.000 – 25.000). Der Nettoschaden beläuft sich unter Berücksichtigung der eingesparten Fahrtkosten auf 18.142,- € (40.200 – 21.058 – 1.000).

Da schadensrechtlich der Nettoschaden als zu erstattender Betrag anzusehen ist, kommt es in der Regulierungspraxis häufig (zunächst) zur Zahlung des Nettoschadens. Im vorliegenden Beispiel führt dies zu folgenden Einkünften des Geschädigten.

Durch die Besteuerung der Ersatzzahlung fließen dem Geschädigten nur 34.074,- € zu. Sein tatsächlicher Nettoverdienstausfall wurde jedoch mit 39.200,- € ermittelt. Er erhält 5.126,- € (39.200 – 34.074) zu wenig.

Würde statt des Nettoschadens der Bruttoschaden ersetzt, ergäben sich folgende Werte für die Einkünfte des Geschädigten.

Die Zahlung des Bruttoschadens würde zu einer Überzahlung in Höhe von 8.747,- € (47.947 – 39.200) führen.

Sie ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass auf die Schadenersatzzahlung keine Sozialabgaben zu entrichten sind.

Eine Simulationsrechnung auf Basis der zugrundeliegenden steuerrelevanten Aspekte ergibt, dass eine Zahlung von rund 26.000,- € zu einem Ausgleich des Nettoschadens führen würde.

Fazit

Durch die Besteuerung der Ersatzleistung von Verdienstausfallschäden führt die Zahlung des Nettoschadens regelmäßig zu einem zu geringen Erstattungsbetrag; es sei denn, es fällt keine Steuer an.

Die Zahlung des Bruttobetrages führt dagegen zur Überzahlung des Verdienstausfallschadens. Ausnahmen dazu sind theoretisch bei angestellten, nicht sozialversicherungspflichtigen GmbH-Geschäftsführern möglich.

Da die Determinanten zur Ermittlung der Einkommensteuer erst zum jeweiligen Jahresende feststehen, kann der konkrete Ersatzbetrag erst nachträglich berechnet werden. Dies führt im Folgejahr meist zu Nachzahlungen, die ihrerseits auch wieder der Einkommensteuer unterliegen usw. usw.. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der Endlosbesteuerung.

Es ist daher sinnvoll, den Zahlbetrag vorab mit Hilfe einer Simulationsrechnung zu ermitteln. Dies schließt zwar Nachberechnungen nicht aus, führt in der Praxis aber zu deutlich geringeren Nachzahlungen.

 

 

 

Insolvenzantragspflicht in Pandemiezeiten

Mit Wirkung vom 19.02.2021 wurde das COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz (COVInsAG) vom 27. März 2020 (BGBl. I S. 569) erneut geändert. Die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung ist bis 30.04.2021 ausgesetzt, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. dazu Artikel 10 des Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetzes (SanInsFoG) vom 22. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3256)).

Bereits zum 01.01.2021 traten aufgrund Artikel 5 des Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortent-wicklungsgesetzes (SanInsFoG) vom 22. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3256) Änderungen verschiedener Einzelnormen der Insolvenzordnung in Kraft.

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Unternehmensnachfolge und Unternehmensbewertung

Vor einigen Wochen berichtete die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) über die Unternehmensnachfolge bei Europas größtem Schuhhändler, der Firma Deichmann in Essen. Dort ist mit dem 27-jährigen Samuel Deichmann ein Vertreter der vierten Generation in die Führung des Unternehmens eingetreten.

COVID-19: Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 31.12.2020

Durch das im März 2020 verkündete Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie (COVInsAG) ist es zu einer vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht sowie zu einer Begrenzung der Organhaftung bei einer durch die COVID-19-Pandemie bedingten Insolvenz eines Unternehmens gekommen.

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COVID-19: Unternehmensbewertung

Die Corona-Pandemie verursachte u.a. eine weltweite Talfahrt der Börsenkurse. So verlor der deutsche Aktienindex DAX zwischen dem 20. Februar und dem 18. März ca. 5.000 Punkte. Im weiteren Verlauf erholten sich die Aktienmärkte zwar wieder, doch es bleibt die Frage, welchen nachhaltigen Einfluss auf die Bewertung von Unternehmen und damit auch auf die Börsenkurse diese Pandemie hat.

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COVID-19: Aussetzung der Insolvenzantragspflicht

Aktuelle Entwicklungen im Rahmen der COVID-19-Pandemie:

Aussetzung der Insolvenzantragspflicht

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat eine gesetzliche Regelung zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht auf den Weg gebracht, um Unternehmen zu schützen, die infolge der Corona-Epidemie in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind.

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